Shadowrun
Would you like to react to this message? Create an account in a few clicks or log in to continue.


© Catalyst Game Labs & Pegasus
 
HomeGalleryLatest imagesSearchRegisterLog in

 

 Publikationen - Geschichtliches

Go down 
AuthorMessage
Malvina

Malvina


Name : Malvina
Metatyp : Mensch
Other / Decline to state Größe : 170
Anzahl der Beiträge : 55
Anmeldedatum : 2021-10-06

Publikationen - Geschichtliches  Empty
PostSubject: Publikationen - Geschichtliches    Publikationen - Geschichtliches  EmptyThu 07 Oct 2021, 18:02

Gratwanderung zwischen Verzerrung und Offenbarung

Die Handschrift der Mödlinger Künstlerin und Bildhauerin Julia Hanzl ist unverkennbar. Jede ihrer Keramikplastiken ist ein Unikat, das bei dem Betrachter mit seiner skurrilen, bis ins Groteske verzerrten und zugleich phantastischen Formsprache, Verwirrung und Unbehagen hervorruft. Hat der Betrachter jedoch seine erste Konfrontation mit den unkonventionellen Motiven und den daraus resultierenden, ersten Schrecken überwunden, wird er von dem Detailreichtum und der Lebensechtheit der Keramiken in seinen Bann gezogen. Die expressiv-surrealistischen und zugleich lebensnahen Plastiken wecken das Interesse des Betrachters, indem sie ihn in Erstaunen versetzen, ihn amüsieren, ihm zum Schmunzeln oder gar zum Lachen bringen. Alles in allem sind sie beeindruckend, erschreckend, witzig und außergewöhnlich.
Zudem haben sie alle eines gemeinsam: Sie fordern den Betrachter auf, tiefer zu blicken, die ausdrucksstarke, perfekt gestaltete und übersteigerte Fassade des Dargestellten zu überwinden und in sein Inneres zu blicken. Die großen, von Hand aufgebauten Köpfe bis hin zu den naturgetreuen Skeletten von Mensch und Tier oder auch die skurrilen Fantasiefiguren verlangen, hinterfragt zu werden. Der Betrachter soll das Dargestellte überdenken und eine andere, unkonventionelle Sichtweise der Dinge entwickeln. Er soll auf den kontroversen Dialog und den inneren Konflikt, der in den Kreamiken Ausdruck findet, aufmerksam gemacht werden.

Dazu bedient sich die Künstlerin empfindlicher Themen, die bis heute in der Gesellschaft tabuisiert werden. Damit bricht sie mit den konventionellen Normen unserer Gesellschaft. Ihre Werke überschreiten Grenzen, sprengen alt bekannte Normen und untergraben ihre Autorität durch eine besondere Formsprache und Thematik. Julia Hanzl verarbeitet in ihren Werken völlig frei und ungezwungen Themen wie die animalische Triebhaftigkeit des Individuums, die Sexualität, Phobien und Abgründe der menschlichen Psyche, Traumbilder bis hin zum Alptraum, aber auch die Vergänglichkeit bis hin zum Tod. Die Plastiken sind ein Spiegelbild der Gesellschaft und des darin gefangenen Individuums.

„Julia Hanzls Plastiken sind Innenansichten des Menschen.
Psychogramme und Traumbilder, in realistisch plastischer Ausformung,
die sich ins Gehirn des Beschauers projizieren.“
(Prof. Habarta, 2011 Begründer des Phantastenmuseum Wien, Palais Palffy)

Julia Hanzl lässt sich in keine Schublade stecken; ihre Werke sind erfrischend skurril und tragen einen versteckten Witz, der sich erst auf den zweiten Blick offenbart. Sie prägt eine neue Stilrichtung, die „Grotesk Art“. Zugleich reiht sie sich in eine zurückreichende Tradition der abstrakten und grotesken Formsprache ein und schlägt eine nahtlose Brücke zwischen der exhibitionistischen Postmoderne und den bereits bestehenden, fantastischen Grotesken der Renaissance oder des Barock. Das Groteske hatte bereits unter Hieronymus Bosch Einzug in die Bildsprache gehalten und fand auch im Barock unter Bartolomeo Passerotti Einzug in Alltagsdarstellungen und zeigte das Hässliche, Entstellte, Böse und Ängstliche im Menschen. Auch Künstler wie Francisco de Goya, Alfred Kubin oder George Grosz sind uns bis heute für die Darstellung ihrer fantastischen und grotesken Traumvisionen bekannt. Während zu ihrer Zeit im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts das Groteske noch als Gegenkultur galt, rückt es heute mit Julias Hanzls Werken wieder ins Blickfeld der Gesellschaft. Das Groteske rechnet in ihren Werken mit der Gesellschaft ab.

In enger Zusammenarbeit mit dem Phantastenmuseum Wien ergab sich 2013 die erste Einzelausstellung, bei der die Künstlerin ein breites Spektrum ihrer „Grotesk-Art-Figuren“ vorstellen durfte. 2015 rückte eine besondere Plastik, die seitdem zum immer wiederkehrenden Sujet ihrer Werke wurde, in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: „Who killed Smiley?“ Diese groteske Plastik zeigt einen gelben, breit grinsenden Smiley. Doch statt des freundlichen Gesichts grinst ein blanker Totenschädel den Betrachter an. Wie keine andere Plastik bildet diese eine Symbiose aus Gegenwart und Vergangenheit. Sie knüpft an die barocke Ideologie des „Memento Mori“, also „gedenke zu sterben“, an und hält dem Betrachter die eigene Vergänglichkeit und den Tod, der alles Lebende verbindet, vor Augen. Ebenso ist es eine Symbiose aus Lebensbejahung und Verneinung. Der Smiley gilt als universelles Symbol des Positiven, doch bleibt er nichtssagend und inhaltsleer. Er ist ein gängiges Verständigungsmittel, das nicht mehr als eine oberflächliche Emotion ausdrückt. Auch von dem menschlichen Schädel ist nichts mehr übrig bis auf die leeren, starren Augenhöhlen und das starre Grinsen.

Auch ihr Werk „Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom“ greift dieses Sujet des Totenschädels wieder auf. Der Fisch ist dabei eine Metapher für den Menschen, so wie der Fisch bereits zuvor eine Analogie zu Christus war. Der Fisch wird zu einer bizarren Art von Mensch, der nur durch den Totenkopf als Mensch erkennbar wird. Auch hier stehen Leben und Tod nahe beieinander. Denn zum einen symbolisiert der Fisch die vergeblichen Anpassungsversuche des Individuums an die breite Masse und den Verlust der eigenen Identität. Der Verlust der Identität kann dabei als eigener Tod gesehen werden oder auch auf die vergeblichen, eitlen Mühen verweisen, die letztlich mit dem Ende des Lebens nichtig sind.
2014 wurde Julia Hanzl aus einer Vielzahl an Bewerbern bei einem international ausgeschriebenen Wettbewerb ausgewählt und von einer anerkannten Fachjury zu einer der international bedeutendsten, figurativ arbeitenden Künstler/innen gewählt. Dadurch ist sie mit zwei ihrer Keramiken - „Sutura“ und „Papagenos letzter Auftritt“ - in dem Buch „500 Figures in Clay“ (Lark Crafts/New York) vertreten.
2016 kreierte und modellierte Julia Hanzl in Zusammenarbeit mit der Porzellanmanufaktur Augarten zehn verschieden gestaltete Plastiken mit gleichem Sujet: die Reihe „Eve & Eve“. Jede dieser Figuren ist ein Unikat. Es handelt sich dabei um zwei Frauenfiguren, die eng umschlugen im Profil stehen, sich küssen und dabei zu einem Gesicht verschmelzen. Kontrovers ist diese Figur vor allem durch die erotische Geste der linken Dame, die der rechten an die Brust fasst. Neben der offenkundigen Zurschaustellung der gleichgeschlechtlichen Sexualität ist diese Plastik bedeutend wegen ihrer versteckten Anspielung auf Brustkrebs. Ein Teil des Verkaufserlöses der Keramiken ging zu Gunsten von Pink Ribbon (Brustkrebshilfe).

Bei den Werken des „Bestiariums“ flechtet die Künstlerin alt bekannte Merkmale des Menschen ein und versieht sie mit tierischen Attributen. Auch erfährt die Materialverarbeitung eine Weiterentwicklung: so werden Keramikköpfe mit Tierpräparaten zu einer Einheit verarbeitet. Mensch und Tier verschmelzen zu einer neuen bizarren Gattung mit grotesken Eigenarten. Das Menschenbild wird dabei neu entworfen. Vom göttlichen Ursprung und der Erhabenheit des Menschen bleibt nichts übrig, stattdessen werden animalische Triebe laut. Diese Werke sind im Sinne dieses Darwin’schen Gedanken zu verstehen: Mensch und Tier sind verwandt, da der Mensch vom Affen abstammt. Gleichzeitig ist diese Verwandtschaft zwischen Mensch und Tier kritisch, sogar politisch, so z.B. bei den ausdruckslosen Holzpuppen auf einem Stinktier mit Hitlerkopf im Werk „Follow“. Die Plastiken des Bestiariums greifen unzählige menschliche Emotionen auf, arbeiten mit Verfremdung durch das Tierische, bleiben durch ihre Plastizität nahe am Gestaltlichen und driften nie völlig ins Abstrakte ab. Die Figuren sind verzerrt und offenbaren dennoch eine Bandbreite an Gefühlsdispositionen. Sie sprengen die Grenzen zwischen Sein und Schein, zwischen Tier und Menschen, zwischen innerem Licht und Dunkelheit und ordnen die Teile zu einem neuen Gebilde. Dabei sind die Werke technisch perfekt gestaltet und zeugen von großem künstlerischen Geschick, sowohl in ihrer Verarbeitung als auch ihrer Ideenvielfalt.
Verfasser: Palina Sommer, MA
Back to top Go down
Malvina

Malvina


Name : Malvina
Metatyp : Mensch
Other / Decline to state Größe : 170
Anzahl der Beiträge : 55
Anmeldedatum : 2021-10-06

Publikationen - Geschichtliches  Empty
PostSubject: Re: Publikationen - Geschichtliches    Publikationen - Geschichtliches  EmptyThu 07 Oct 2021, 18:02

Alex Deutsch - " Ich habe Auschwitz überlebt ."

"Ich habe vergessen, aber vergessen kann ich es niemals."
Gegen das Vergessen kämpft auch die Katholische Erwachsenenbildung Saarpfalz in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Friedrich in St. Ingbert vom 21. 01.10 bis zum 3.02.10. Sie ermöglichen eine Ausstellung des KZ-Überlebenden Alex Deutsch, der am 21.01.10 nicht nur von seinem Leben und seinen Erfahrungen im Konzentrationslager berichtete, sondern dem Publikum eine ergreifende und vor Allem sehr aktuelle Lebensweisheit mit auf den Weg gab:
"Lasst euch nicht hineintreiben in Hass und Gewalt gegen andere Menschen. Lebt miteinander, nicht gegeneinander."

So betrat der der 96-jährige Alex Deutsch gut gelaunt und scherzend - von seiner "besseren Hälfte" ,Doris Loeb, gestützt- die Buchhandlung, die zwischen Klassikern und Bestsellern ein behagliches Ambiente bot. Auf großes Interesse stieß die Veranstaltung überwiegend bei dem mittelalten bis älteren Publikum.

Nach einer kurzen aber herzlichen Einführung, begann der Auschwitz-Überlebende mit erstaunlicher Genauigkeit von seinem Leben zu berichten, dessen wichtigste Stationen von der durch das Adolf-Bender-Zentrum konzipierten Ausstellung dokumentiert werden. Diese befindet sich für alle gut sichtbar in der Fensterfassade der Buchhandlung Friedrich.
Mit seiner Kindheit beginnend, über die Jugend im Waisenhaus und die Bäckerausbildung stellte Alex Deutsch die Stumpfsinnigkeit des Befehl-Gehorsam-NS-Regimes, die ihm trotz allem half den späteren Aufenthalt im KZ zu überleben. Weiter führte seine Lebensgeschichte zu seiner Hochzeit, der Geburt seines Sohnes während der Segregation der jüdischen Bevölkerung bis zur Deportation in Lager, wo Tausende von Menschen " industriell vernichtet " wurden. In den Erzählungen fand sich ein eindrucksvoller Kontrast; während auf der einen Seite unglaubliche Gräueltaten, Gewalt und Mord standen, stand auf der anderen das selbstlose Mitgefühl der Zivilarbeiter, die sogar den eigenen Tod und den ihrer Familien in Kauf nahmen, um den KZ-Gefangenen mit einem Stück Brot zu helfen. Mit ergreifender, zitternder Stimme erzählte Alex Deutsch von der grausamen Ermordung seiner Familie und ließ die Zuhörer an seinen innersten Gefühlen teilhaben: an der erwachenden Lebenskraft und dem Überlebenswillen, die nur von grenzenlosem Hass und dem Gedanken an sich an "den Deutschen" rächen zu können, getragen wurden.
Doch nach der Befreiung durch die Alliierten änderte sich dieser Antrieb in dem Gedanken:" Vielleicht war das einer, der mir geholfen hat zu überleben? Rache macht mich nicht besser als die, die ich hasste und Rache konnte mir meine Familie nicht zurück bringen. "
So schloss Alex Deutsch Frieden mit seiner Vergangenheit und hoffte in St. Louis, Missouri in den USA ein neues Leben anfangen und sich eine neue Existenz schaffen zu können, doch auch dort holte ihn die Vergangenheit ein, denn der selbe Rassenhass griff zwischen "Schwarzen und Weißen" um sich.
Erst nach dem Verlust seiner zweiten Frau, der Rückkehr nach Deutschland 1978 und der dritten Ehe mit Doris Loeb gelang es dem KZ-Überlebenden ein neues Leben aufzubauen und seine Friedensarbeit zu beginnen, für die er das Bundesverdienstkreuz 1996, das Saarländische Verdienstkreuz 2001 und das Bundesverdienstkreuz erster Klasse 2007 erhielt.
Von sich selbst sagte er, er sei nun ein glücklicher und zufriedener Mensch und bereue nichts von dem, was ihm widerfahren sei. Erst die Hilfe, die er erfahren hat, gab ihm die Möglichkeit den Hass abzulegen und so fordert Alex Deutsch: "Lasst Euch nicht hineintreiben in Hass und Gewalt, denn der Hass macht aus den Menschen Mörder." Der Optimismus und die Hoffnung waren deutlich in seinen Worten hörbar, als er die Zuhörer dazu aufforderte die Geschehnisse der Vergangenheit nicht zu leugnen und sich an all die Namen der Verstorbenen zu erinnern." Denn hinter jedem Namen steht eine Person und an sie müssen wir uns erinnern, damit wir aus der Vergangenheit lernen und sich die Geschichte nicht wiederholt. Nicht die Erinnerung, sondern das Vergessen ist und bleibt die wahre Gefahr."
Unermüdlich versprach der hoch betagte Mann sich weiter für Toleranz einzusetzen, so lange er noch die Kraft dazu habe. Mit tadellosem Beispiel ging und geht weiterhin Alex Deutsch sowohl den älteren als auch den jüngeren Generationen voran, darum bemüht die Welt zu einem besseren Ort zu machen, indem er die Menschen dazu bringt sich zu erinnern..
Verfasser: Palina Sommer, MA
Back to top Go down
Malvina

Malvina


Name : Malvina
Metatyp : Mensch
Other / Decline to state Größe : 170
Anzahl der Beiträge : 55
Anmeldedatum : 2021-10-06

Publikationen - Geschichtliches  Empty
PostSubject: Re: Publikationen - Geschichtliches    Publikationen - Geschichtliches  EmptyThu 07 Oct 2021, 18:03

Stolpersteine - jetzt auch in Saarbrücken

Pünktlich um neun Uhr morgens wurden am 10.03.2010 in Saarbrücken auf dem Rathausplatz 7 zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus 28 Stolpersteine verlegt.
Nach dem bereits 2009 gestarteten Spendenaufruf wurde eine Summe von 3000 Euro eingenommen, von denen insgesamt 28 Stolpersteine finanziert werden konnten.Bei den Stolpersteinen, die in den öffentlichen Gehweg eingelassen werden, handelt es sich um zehnmal zehn Zentimeter große Betonsteine mit einer Messingbeschichtung, deren Inschrift Auskunft über den Namen, das Geburts- und Sterbedatum, sowie das erlittenen Schicksal des jeweiligen Opfers gibt. Im Vorübergehen sollen unsere Augen zufällig über diese Mahnmale des Schreckens stolpern und uns somit tagtäglich an die 28 jüdischen Bürger aus dem Saarbrücker Stadtteil St. Johann, die einst dem Nazi-Regime zum Opfer fielen, erinnern.Trotz der kühlen Witterungsbedingungen ließen es sich zahlreiche Saarbrücker nicht entgehen der Verlegung der Stolpersteine beizuwohnen, darunter vor allem Zuschauer mittleren und fortgeschrittenen Alters, aber auch zahlreiche neugierige Passanten, die auf ihrem morgentlichen Weg stehen blieben um einen Blick auf die glänzenden Messingplatten zu werfen, was einmal mehr zeigt, dass das Projekt bereits jetzt ein Erfolg ist und sein Ziel auch in Zukunft nicht verfehlen wird. Dank der Anfragen seitens Richard Bermann, dem Vorsitzenden der Synagogengemeinde Saar und durch die Unterstützung der Oberbürgermeisterin und Schirmherrin des Projektes Charlotte Britz, des Kulturdezernenten Erik Schrader, sowie der Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer und des Landesvorsitzenden der "Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes -Bund der Antifaschisten Saar" Horst Bernard gelang es einen gemeinsamen Termin mit dem kölner Bildhauer Gunter Demnig zu finden.
Der Künstler, der bereits 23 000 Exemplare dieser Stolpersteine in 543 deutschen und 39 europäischen Städten eingelassen hatte, legte großen Wert darauf die Steine persönlich zu transportieren und zu verlegen.
Das besondere an diesem Projekt ist, dass die Spendengelder nicht von den Kommunal Geldern stammen, sondern privat von den Bürgern aus eigener Tasche bezahlt oder von verschiedenen Institutionen beigesteuert wurden. Dadurch legt Gunter Demning die Verantwortung für dieses Projekt in die Hände der Bürgerinnen und Bürger und zielt auf den Einbezug und das persönliche Engagement der Bürger ab. Indem sich die Bürgerinnen und Bürger bei diesem besonderen Projekt gegen das Vergessen engagieren, sollen sie sich aktiv und eigenständig für das Erinnern einsetzen.
Der Erfolg des Projektes, das uns täglich für einen kurzen Augenblick inne halten lässt, beruht wohl auf seiner Integration in den Alltag. Durch die tägliche Erinnerung an unsere Vergangenheit wird dafür gesorgt, dass das Andenken der Opfer der NS-Zeit selbst in unserem von Zeitdruck geprägtem Alltag stets lebendig bleibt. Bislang erinnerte zu wenig in der Landeshauptstadt an die Opfer des Nationalsozialismus, was nun endlich durch die Stolpersteine geändert wird. Daher war es seit langem fällig, dass die Stolpersteine nun auch endlich in Saarbrücken ihren Einzug feiern konnten, nach dem sie bereits in Blieskastel, Illingen und Losheim erfolgreich verlegt worden waren.
Verfasser: Palina Sommer, MA
Back to top Go down
Malvina

Malvina


Name : Malvina
Metatyp : Mensch
Other / Decline to state Größe : 170
Anzahl der Beiträge : 55
Anmeldedatum : 2021-10-06

Publikationen - Geschichtliches  Empty
PostSubject: Re: Publikationen - Geschichtliches    Publikationen - Geschichtliches  EmptyThu 07 Oct 2021, 18:04

Im Interview - Horst Bernard, Landesvorsitzender der "Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes -Bund der Antifaschisten Saar" beantwortet Fragen über seine Erlebnisse und den Kampf gegen den Faschismus

Das Ende des zweiten Weltkrieges liegt bereits 65 Jahre zurück, dennoch bleiben die faschistischen Bewegungen ein damals wie heute aktuelles Thema. Gerade aus diesem Grund sind die Erinnerungen und das Engagement der Zeitzeugen von unschätzbarer Bedeutung, da sie es uns ermöglichen, Einblicke in die Geschehnisse der Kriegszeit zu erlangen und somit dazu beitragen, dass diese nicht in Vergessenheit geraten. Vor diesem Hintergrund führte der Zeitzeuge und heutige Landesvorsitzende der "Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes -Bund der Antifaschisten Saar" Horst Bernard am 25.02.10 ein Interview mit der Saarländischen Online Zeitung und berichtete über seine Erlebnisse während der Emigration nach 1933 sowie seine heutige Arbeit im Kampf gegen den Faschismus.

S-O-Z: Die Flucht Ihrer Familie nach Südfrankreich war sicherlich ein schreckliches Erlebnis.
Was war ausschlaggebend für diese Flucht, mit welchen Problemen hatten sie zu kämpfen und welche Ereignisse waren es, die Ihr weiteres Leben prägen sollten?
H. Bernard: Am 15. Januar 1935 wurde bekannt, dass die Bevölkerung an der Saar mit großer Mehrheit die Angliederung des Saarlandes an Deutschland befürwortete, während meine Eltern für den Status Quo gestimmt hatten. Hinzu kam, dass mein Vater neben seiner Zugehörigkeit zur Sozialistischen Arbeiterjugend, einer von den Nazis mittlerweile verbotenen Gruppierung, aus einer jüdischen Familie stammte. Die politische Haltung meiner Eltern sowie die zunehmende Bedrohung seitens des Regimes veranlasste uns schließlich zur Flucht nach Frankreich (Agen), in ein Land mit fremder Sprache, in dem uns eine ungewisse Zukunft erwartete. Da mein Vater seinem gelernten Beruf als Textkaufmann nicht mehr länger nachgehen konnte, war er gezwungen, durch andere Tätigkeiten, etwa im Kanal- oder Straßenbau die Versorgung seiner Familie zu gewährleisten. Trotz unserer neuen Umgebung blieben meine Eltern nach wie vor ihrer antifaschistischen Gesinnung treu und traten der "Vereinigung saarländischer Flüchtlinge" und dem "Verband immigrierter deutscher Nazigegner" bei. Wir Kinder besuchten die Grundschule und führten ein relativ normales Leben in Frankreich, denn für uns war es damals gleich wo wir lebten.
1939 wurde mein Vater verhaftet, jedoch nach der Geburt des dritten Sohnes freigelassen, da unsere Familie nun ein in Frankreich geborenes Familienmitglied vorzuweisen hatte und somit das Bodenrecht geltend gemacht werden konnte. Aus dieser Zeit sind mir besonders die ständigen Razzien, so wie die Warnungen des in der Nachbarschaft wohnenden Polizisten in Erinnerung geblieben, der stets darum bemüht war uns zu helfen. Die Besetzung Südfrankreichs 1942 zwang meine Familie zu einer erneuten erneut zur Flucht. Ich kam damals bei einem älteren Ehepaar unter und wurde nur bei heimlichen Treffen mit meinem Vater über das Wohlergehen meiner Familie unterrichtet. Aber eines der schrecklichsten Ereignisse war wohl die öffentliche Beerdigung eines Freundes der Familie, der durch die grausame Folter der Gestapo, die der mittelalterlichen in Nichts nachstand, den Tod gefunden hatte. Bei der Beerdigung wurden die Friedhofstore versperrt und die Trauernden von einer Abordnung von 60 SS-Leuten beschossen. Wie durch ein Wunder gelang es mir, dem Hinterhalt zu entgehen. Doch eine Familienzusammenführung sollte erst nach der Befreiung der Departements im Jahre 1944 stattfinden. Kurz darauf kehrte mein Vater nach Deutschland zurück, gefolgt von dem Rest unserer Familie. Für uns Kinder bedeutete dies die Rückkehr in ein für uns fremdes Land, dessen Sprache wir nicht sprachen und dessen Landschaft einen schrecklichen Kontrast zu der vom Krieg unberührten französischen bot, die wir verlassen hatten. Uns war zum Heulen zu Mute und hätten wir die Wahl gehabt, ich glaube wir wären sofort umgekehrt. die endgültige zusammen führund im august 1944 .

S-O-Z: Gab es ein bestimmtes Ereignis, dass Ihnen bewusst machte, dass Sie sich antifaschistisch engagieren wollen?
H. Bernard: Es war nicht ein einziges, sondern die vielen Erlebnisse, die mein Leben und meine Einstellung nachhaltig geprägt haben, ebenso wie die Veranlagung im Elternhaus, da meine Eltern beide antifaschistisch engagiert waren. Diese Einstellung wurde mir in die Wiege gelegt.

S-O-Z: Worin bestanden ihre ersten Schritte bei dem Vorgehen gegen die faschistischen Bewegungen?
H. Bernard: Mit 16 schloss ich mich zwar einer Jugendorganisation an. Aber erst mit dem Umzug ins Saarland mit dem Ende meines Studiums kam ich in Kontakt mit der Politik, dabei musste ich zuerst den Anschluss an das gesellschaftliche Leben in Bundesrepublik finden. Vor allem regte das Erstarken der HIAG, einer Nachfolgeorganisation, die sich aus ehemaligen SS-Leuten zusammensetzte zum Nachdenken an. Nach meinem Beitritt zur VVN gelang es, dank meiner Französischkenntnisse, eine Vernetzung mit ähnlichen Organisationen Frankreichs herzustellen. Vor Allem gingen wir aktiv gegen die NPD, die Militarisierung und die Tätigkeiten der SS vor und engagierten uns für die Verfolgten.

S-O-Z: Mit welchen Problemen und Schwierigkeiten hatten Sie dabei zu kämpfen?
H. Bernard: Mein größtes Problem bestand darin, dass ich als junger Mann mit älteren Mitgliedern, die bereits mehr erlebt hatten als ich, arbeitete, die sich nur ungern etwas von jüngeren vorschreiben ließen. Es dauerte lange Zeit, bis ich mich behaupten konnte.
Aber ein weitaus größeres Problem war, dass die Organisation anfänglich als verfassungsfeindlich angesehen und von der BRD verfolgt wurde.

S-O-Z: Der Zweite Weltkrieg liegt nun bald 65 Jahre zurück, was eine lange Zeitspanne ist und die jüngeren Generationen verlieren immer mehr den Bezug zu den Ereignissen dieser Zeit. In welchem Ausmaß hatten Sie mit der Unwissenheit oder auch Unverständnis der nachfolgenden Generationen zu kämpfen?
H. Bernard: Ein großer Teil meiner Tätigkeiten mit den Schülern besteht in Führungen durch die Lager Neue Bremm und Struthof. Natürlich weist das Wissen der Schüler große Lücken auf, nicht selten hört man Fragen wie: "Sind hier Juden eingesperrt worden?". Dabei entgeht den Meisten, dass die Juden erst zur Zielgruppe der Nazis wurden, nachdem zuerst politische Gegner verfolgt und vernichtet worden waren. Ebenso findet man auch verschieden starkes Interesse vor, jedoch entgegnen die meisten auf die Frage, weshalb sie hier sind und zuhören müssen mit der Antwort: "Damit sich so etwas nicht wiederholt" Das zeigt deutlich, dass trotz gewisser Wissenslücken bei den Schülern ein Grundverständnis vorhanden ist und das Kernproblem erkannt wird, was im Grunde genommen unser Hauptanliegen ist.

S-O-Z: Engagieren sich Ihrer Meinung nach der Staat und vor allem die Schulen genug um den Schülern eine Vorstellung von den erschreckenden Ereignissen der NS-Zeit zu liefern und somit antifaschistisch aufzuklären, damit die Vorkommnisse der NS-Schreckensherrschaft nicht vergessen werden und, was viel wichtiger ist, sich in der heutigen Zeit nicht wiederholen?
H. Bernard: Die Schulen tragen einen großen Teil im Kampf gegen das Vergessen bei, sie fördern Projekttage, in deren Rahmen sich Schüler beispielsweise mit jüdischen Opfern auseinandersetzten müssen. Ebenso initiieren sie Treffen mit Zeitzeugen, die über ihre Erlebnisse berichten und Führungen durch das ehemalige Lager Struthof oder das Gestapo-Lager Neue Bremm leiten. Dabei übernimmt auch die Saarländische Regierung einen Teil der Differenzkosten, die nicht von den Schülern bezahlt werden müssen. Im Grunde wird sehr viel gemacht, von Publikationen, Biographien, Veranstaltungen bis hin zum Einsatz von öffentlichen Mitteln zur Förderung durch die Regierung.

S-O-Z: Welche Unterstützung würden Sie sich weiterhin von Staat, Gemeinschaft und Schulen bei Ihrem Kampf gegen den wiederkehrenden Faschismus erhoffen?
H. Bernard: Ich würde mir wünschen, dass nicht nur finanziell, sondern auch politisch ebenso entschlossen vorgegangen wird und die Gefahr des wiederkehrenden Nazismus erkannt und offensiver bekämpft wird. Auf diesem Gebiet könnte mehr Engagement gezeigt werden.

S-O-Z: Worin besteht die Botschaft die Sie durch ihre Arbeit weiter geben möchten?
H. Bernard: Erinnerungsarbeit sollte nicht nur rückwärts gerichtet sein, sondern vielmehr eine Mahnung für die Gegenwart und für die Zukunft sein. Durch sie sollte die Vergangenheit in der Erinnerung der Menschen lebendig gehalten werden damit sie sich nicht wiederholt.

S-O-Z: Können Sie einen Ausblick auf die in Zukunft kommenden Projekte geben?
H. Bernard: Eines der kommenden Projekte ist die Verlegung von Stolpersteinen, die durch den kölner Künstler Gunter Demnig initiiert wurden. Außerdem erscheint am 23. März der dritte Band der Reihe "Erinnerungen von Häftligen des Gestapo Lagers Neue Bremm". Weiterhin wird sich die VVN mit Berufung auf das Grundgesetzt §139 für den Verbot der NPD und nachfolgender faschistischer Parteien einsetzten, denn es ist offensichtlich, dass die Verfassung des Grundgesetztes antifaschistisch ausgerichtet ist.
Verfasser: Palina Sommer, MA
Back to top Go down
Sponsored content





Publikationen - Geschichtliches  Empty
PostSubject: Re: Publikationen - Geschichtliches    Publikationen - Geschichtliches  Empty

Back to top Go down
 
Publikationen - Geschichtliches
Back to top 
Page 1 of 1

Permissions in this forum:You cannot reply to topics in this forum
Shadowrun :: Kreative Ecke :: Malvina erzählt...-
Jump to: