II. It's Toxic

Oh nein... warum? Musste der Typ den Klumpen denn aufheben? Sam hatte für heute schon genug Action gehabt und nun haben sie wohl nur ihr halbes Ziel erreicht – der andere Teil war in der Hand des Lumpen-Guys, der eine Schar Bison-O-Saurier beherrschte. Er schaute nach oben zu den Flugsauriern und es schüttelte ihn kurz. Etwas mulmig war ihm schon zumute. Wenn die ganzen Viecher angriffen, waren sie ziemlich... naja, am Arsch halt!
"Ashoka, also ich denke wir haben was wir suchen, oder?", meinte er kleinlaut und zeigte auf den Klumpen, den sie in der Hand hatte. Aber auf der anderen Seite war es eben doch nur die Hälfte. Er atmete tief durch und versuchte in Ashoka zu lesen, was sie als nächstes vor hatte. Anscheinend war sie auch nicht ganz zufrieden. Also schaute Sam auf sein Gewehr und öffnete den Lauf, schaute auf die Kugel die er geladen hatte und befand sie als unpassend. Er fingerte langsam an seinem Munitionsgurt herum und zog eine ExplosivExplosiv Patrone hervor. Noch langsamer schob er sie in den Lauf, immer darauf hoffend, dass Ashoka ihn davon abhielt. Dann checkte er nochmal das Magazin und tauschte auch dieses aus. Mehr ExEx konnte ja nicht schaden. Besonders wenn man nicht wusste, was dieser Magier alles konnte. Und dann legte er schließlich an. In dem Moment bemerkte er, dass die ganzen Bisons zu ihm starrten, doch er musste den perfekten Schuss landen, also ließ er sich nichts anmerken. "Also.. ich tu dann mal was getan werden muss... ne?", meinte er bevor sein Geschoss den Lauf verließ und er in Zeitlupe sah, wie die Hülse den lauf zur Seite verließ. Wie in Trance, schoss er den nächsten Schuss und den nächsten und den nächsten.
Als er dann seine Nase von Kimme und Korn nahm, sah er, dass seine Schüsse circa einen halben Meter nach dem Lauf scheinbar zu stehen kamen. Nunja, nicht ganz. Sie flogen in einer Geschwindigkeit weiter, die so gering war, dass er sogar eine der Kugel aus der Luft schnappen konnte und sie ungläubig in den Händen hielt. Sein Magazin war leer. Die Projektile flogen super langsam. Ängstlich schaute er zu Ashoka und wollte nicht einmal einen Blick auf die Bisions richten...

Der Typ sagte Hort! Das sagte man nicht... zumindest hatte Sam das mal in einem Forum gelesen. Einem Runner-Forum! Wer war der Typ? Es gab nun nämlich gleich zwei Möglichkeiten: Er war entweder der Toxische Schamane der die Gegend unsicher machte oder es gab die zweite Möglichkeit, nämlich, dass er ein Drache war... Er sagte HORT! Verdammt!
Die Bisons verwandelten sich plötzlich in Ratten und die Welt wurde von saftig grün plötzlich zum grau-in-grau welches er aus den Barrents kannte. Wenn einige Gebäude in der Nähe gewesen wären, die hier allerdings vollkommen fehlten, hätte er die Gegend zu Ashokas Bar gezählt. Aber hier war nichts. Außer Ratten. Ein ganzer Schwarm! Ach was, mehrere Davon. Die Ratten, welche er im Dorf der Aussätzigen platt gemacht hatte waren nur ein winziger Bruchteil. Klar hatte er sie erledigt. Aber die waren auch kleiner... und nicht so gefährlich aussehend. Besonders als sie ihn und Ashoka umkreisst hatten und dem Willen des Typen ausgeliefert waren.
Er stieß Ashoka kurz mit seinem Ellenbogen an, ohne seinen Finger vom Abzug zu nehmen. Das neue Magazin war geladen und er entsinnte sich, dass er seine zwei Kampfmesser am Gürtel hatte. Sollte es hart auf hart kommen, hatte er sie griffbereit. Langsam fliegende Kugeln die im Gras landeten waren nicht sehr effektiv...
"Ich glaube der Typ hat irgendwie recht, oder? Das bringt nix.", sagte er leise zu Ashoka, wollte ihr aber natürlich die Verhandlung überlassen. Er war bereit. Zu sterben? Das wusste er nicht. Aber er vertraute auf Ashoka und ihr Verhandlungsgeschick. Vielleicht konnten sie ja einfach gehen? Und... naja, an einer anderen Stelle nach dem Orichalkum suchen? Bitte?!

Sam war... nun... fast ihrer Meinung. Er könnte sie einfach suchen und mitnehmen lassen, was sie brauchten. Dann wären sie auch gleich wieder weg. Auf der anderen Seite wusste man nicht was dieser Schamanendrache hier in seinem Hort für Kräfte hatte – genug von seltsamen Kräften hatte er heute schon erlebt. Das reichte für einen Tag! Oder ein Jahr! Und diese Riesenratten machten es nicht besser. Selbst in seiner alten Wohnung waren die Dinger nicht so groß geworden und er war in einer Gegend zuhause wo man sagte, dass die Dinger... nunja, halt riesig wurden. Aber riesig hatte nun einen neuen Standard erreicht. Damit konnte er zumindest angeben zuhause. Und vor allem würde er wohl keine Angst mehr vor den kleinen Biestern haben wenn sie plötzlich aus der Kanalisation krochen.
Aber nun legte sich Ashoka mit dem Typen an und sein Griff um seine Waffe wurde fester. Er ging alles durch was er an Bewaffnung hatte – nochmals! Und dann war es schließlich soweit, dass Ashoka ihm ansagte, was er tun sollte. Und er fand es echt uncool. Schnappen und laufen? In einer Gegend die von einer Sekunde auf die andere die komplette Umgebung ändert? Ja klar... als nächstes laufen sie in einem See aus Soygum herum und kommen kaum von der Stelle während ihre Geschosse so weit fliegen wie wenn man eine Wasserpistole abfeuert. Aber... er war dabei! Komme was wolle!
Worauf er nicht gefasst war, waren die kleinen Biester, die plötzlich anfingen herumzuwuseln! Er war kurz und knapp davor seine Waffe abzufeuern, als die Ratten auf ihn losgingen und dann: ja dann passierte etwas, was er nicht für möglich gehalten hatte: Die Ratte, welche ihm bis zu den Knien ging, krabbelte an seiner Hose hinauf und schaute ihn mit großen Augen an. Das arme süße Ding hatte nicht einmal Pestbeulen, sondern wollte einfach nur... ja was wollte es? Er... er ließ das Ding an seiner Hose hochkrabbeln und suchte in der Zwischenzeit einen Schokoriegel. Seine eiserne Reserve. Ausgepackt streckte er es dem Vieh entgegen und ja, er fütterte es... und streichelte es... und legte seine Waffe zur Seite, als es anfing sich auf den Rücken zu legen, damit er den Bauch streicheln konnte. Wie konnte eine Riesenratte eines bösen toxischen Schamanen denn so süß sein?!
Er schaute auf und blickte zu Ashoka, dann zum Schamanen. Und nun? Sollten sie suchen? Oder weiter kraulen?

Jetzt reichte es Sam. Nicht nur, dass die arme Ratte nach dem Schokoriegel immer noch hungrig war und ihn erwartungsvoll anschaute, sich um sein Bein schmiegte und sich kraulen ließ, nein, jetzt kamen auch seinen haarigen Kollegen und belagerten nun nicht nur ihn sondern auch Ashoka, die sofort reagierte und ihre Fun Cubes herauskramte. Das besäftigte die Biester und sie schienen sich nun unsicher zu werden, wessen Befehle sie befolgen sollten oder auf wessen Zuneigung in Form von Essen und Streicheleinheiten... Anscheinend gewannen Ashoka und er diese Challenge! Als Ashoka dem Shamanen vorwarf, dass er sich nicht um seine Ratten kümmerte, sah man förmlich wie der Alte an Kraft verlor und 20 Jahre älter erschien. Doch Sam war einfach nur wütend! Der Typ war ein Schamane, verdammt nochmal! Er trat auch vor, gefolgt von den Ratten. Seine Waffe schulterte er auf seinen Rücken und nahm eine der Ratten hoch auf den Arm. Die, die nicht so ekelig aussah, wie seine armen Kameraden. Anscheinend war auch die Ratte vollkommen verblüfft, ließ sich aber wie eine – ziemlich schwere – Hauskatze am Bauch streicheln, auch wenn Sam wusste, dass er das schwere Teil nicht lange tragen konnte. Trotzdem ging er noch ein paar Schritte weiter und rief: "Ey, Alter! Siehst du das nicht? Selbst ein Kind könnte dich deiner so genannten Freunde berauben, wenn er ein bisschen nett zu ihnen ist. Du bist ein Schamane? Du willst einer sein? Kümmer dich! Und lass deine Freunde wieder zu freunden werden! Du missbrauchst sie für deine Zwecke und ich glaub' das merken sie mittlerweile!" Er stampfte auf den Boden und hatte fast die Ratte auf seinem Arm erschreckt. "Jaja, alles gut, alles gut.", beruhigte er sie und streichelte sie unter dem Kinn. Wie eine Katze... "Aber zum Glück hast du uns getroffen hier draußen. Wir können euch helfen und bringen euch Futter. Und wenn du lieb bist, dir ein oder zwei Sandwiches. Und wir verziehen uns auch, aber vorher musst du uns auch einen Gefallen tun. Und dann kannst du dich in dein Loch zurück verkriechen und mal überdenken, ob dein Job als Schamane überhaupt noch zutrifft! Also? Wie siehts aus? Interessiert an einem Tausch?" Wie zum untermauern des Statements fiepte die Ratte auf. Vielleicht auch einfach deswegen, weil Sam in seiner Wut aufgehört hatte das Kinn zu kraulen... aber nur vielleicht...

Ashoka und Sam sahen, wie der Alte scheinbar ein Paar Zentimeter sichtlich in sich zusammen sank und die Stimme erhob: „Ihr habt ja Recht! Seit dieser Magier da ist, kann ich nichts mehr ausrichten! Meine Ratten und mein Volk leiden Hunger und sind von einer Seuche geplagt. Ich bin machtlos – ohne das Orichalcum! Ich bin einfach nicht mächtig genug, um den anderen Shamanen zu besiegen! Und meine Helfer tun mir Leid!“ ; der Alte schien noch weiter in sich zusammen zu sinken.
„Meine Ratten sind das Einzige, was mir geblieben ist! Und selbst sie wenden sich gegen mich!“ In diesem Moment stob die Rotte auseinander – ohne wirklich weit zu fliehen, weil sie auf Futter und Zuneigung hofften.
„Könnt ihr mir helfen?“, frage der Alte halb zusammen gesunken auf dem Boden und schaute Sam und Ashoka an. „Ohne das Orichalcum werde ich das sicher nicht schaffen!“

Irgendwie bekam Sam plötzlich Mitleid mit dem Schamanen, mit der Situation, mit den verunstalteten Gestalten im anderen Lager, mit den Ratten... Auf der anderen Seite war es wohl kein Problem dem Schamanen in seinem geschwächten Zustand das wertvolle Material abzunehmen. Und das Orichalkum bedeutete für ihn Geld und Geld bedeutete, dass er seinen Eltern zeigen konnte, dass er etwas aus seinem Leben machte und dass sie ihn anerkannten für das was er tat (nicht dass sie den leisesten Schimmer hatten von dem was er tat – aber sie würden anerkennen, dass er Geld verdiente und sein Leben im Griff hatte). Auf der anderen Seite ging es ihm gut. Er hatte eine Wohnung, hatte meistens fließend Wasser und Strom, sein Bett war warm (und nicht verstrahlt!) und er konnte sich auf Ashoka verlassen, dass er immer was zu Essen und Trinken hatte. Besonders das mit dem Trinken war übrigens sehr cool von ihr... Und nun stieg das Bedürfnis auf, dass er den Ratten half, dem Schamanen... Ach er wusste doch auch nicht was das Ganze sollte. Warum machten sie diese Situation so schwer? Konnte der Typ nicht einfach ein fieser Bösewicht sein, dem er ein paar Kugeln zwischen die Augen ballern konnte?
Sichtlich in der Zwickmühle schaute er zu Ashoka und diese sah wohl intuitiv zu ihm. Er zuckte mit den Schultern und seufzte lautlos, ließ die Schultern genau so hängen wie ihr Gegenüber. "Und jetzt?", fragte er sie leise. "Wir können die doch nicht im Stich lassen, oder? Oder... doch?" Sam wusste, dass auch Ashoka das Geld brauchte. Hannah und Alison wollten bezahlt werden, die Bar brauchte ein paar Renovierungen und die ganzen Gossen-Typen die Ashoka immer kostenlos behandelte zehrten ebenfalls an ihren Reserven – wenn sie überhaupt welche hatte.
"Wofür brauchst du das Orichalkum eigentlich? Macht dich das irgendwie mächtiger?", wendete er sich an den Schamanen. "Ich meine wenn du das nicht brauchst könnten wir ja... irgendwie... tauschen oder so. Wo ist der Magier eigentlich von dem du sprichst?"